Veränderungen der Heilmittel-Richtlinie 2004 gegenüber 2001

Heilmittelkatalog mit gestraffter Struktur

Die Struktur des neuen Heilmittelkataloges wurde verändert. Der neue Katalog, insbesondere für die Physikalische Therapie, erscheint zunächst „dünner“. Der Hintergrund ist jedoch nicht eine Einschränkung der Anwendungsbereiche der Physikalischen Therapie. Vielmehr wurden bisher getrennt aufgeführte Diagnosen zu „Diagnosengruppen“ zusammengefasst.

So wurden z.B. in den bisherigen Richtlinien (Physikalische Therapie) die Erkrankungen der Wirbelsäule in elf Diagnoseseiten gegliedert. Jetzt wurden diese zu zwei Diagnosengruppen zusammengefasst.

Alle Indikationen, die bisher mit der Physikalischen Therapie behandlungsfähig waren, können auch weiterhin einer Diagnosengruppe des neuen Kataloges zugeordnet werden.

Bei der Bestimmung der verordnungsfähigen Heilmittel muss der Arzt im ersten Schritt nur feststellen, welcher Diagnosengruppe die von ihm individuell gestellte Diagnose zugeordnet werden kann.


Indikationsschlüssel

Zu jeder Diagnosengruppe gehört ein „Indikationsschlüssel“, z.B. „WS1“ für Wirbelsäulenerkrankungen mit prognostisch kurzzeitigem Behandlungsbedarf. Dieser muss um die Leitsymptomatik erweitert werden, z.B. "a" für Funktionsstörungen/Schmerzen durch Gelenkfunktionsstörung.

Der vollständige Indikationsschlüssel ist auf dem Verordnungsvordruck anzugeben, z.B. „WS1a“.


Maximal zwei Heilmittel je Verordnung

Die Heilmittel-Richtlinien 2001 sahen ausdrücklich vor, dass bei einer Indikation mit mehreren gleichrangigen Schädigungen/Funktionsstörungen bis zu zwei vorrangige Heilmittel gleichzeitig verordnet werden konnten, z.B. „Manuelle Lymphdrainage“ und „Krankengymnastik“. Zu jedem dieser vorrangigen Heilmittel konnte ein ergänzendes Heilmittel verordnet werden.

Die Heilmittelrichtlinien 2004 sehen je Indikation nur noch die Verordnung eines „vorrangigen (ggf. optionalen) Heilmittels“ vor. Soweit medizinisch erforderlich, kann wie bisher ein synergistisch wirkendes „ergänzendes Heilmittel“ zusätzlich verordnet werden.

Weiterhin kann jedoch bei komplexen Schädigungsbildern (je nach Diagnose und Leitsymptomatik) die „Standardisierte Heilmittelkombination“ verordnet werden. Diese sieht die Kombinationsmöglichkeit mehrerer Heilmittel vor, soweit Erkrankungen vorliegen, die mit multiplen Schädigungen/Funktionsstörungen einher gehen.

Von besonderer Bedeutung erscheint in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass für voneinander unabhängige Erkrankungen unabhängige Verordnungen ausgestellt werden müssen. Dies trifft natürlich auch zu, wenn es sich um unabhängige Erkrankungen handelt, die der gleichen Diagnosengruppe zuzuordnen sind. Die Verordnung ist dann auf getrennten Vordrucken mit Angabe der jeweiligen Diagnose und Leitsymptomatik auszustellen.


Verordnungsmenge und Gesamtverordnungsmenge

Die Richtlinien 2001 gliederten die Verordnung in Erstverordnung, 1. Folgeverordnung und 2. Folgeverordnung. Zu jeder dieser Verordnungsmöglichkeiten war eine maximale Verordnungsmenge festgelegt.

Die Richtlinien 2004 haben eine neue Sichtweise für die Verordnungsmenge. Je Regelfall ist eine maximale Gesamtverordnungsmenge festgelegt, und zwar unabhängig von der Zahl der Verordnungen. Es wird nur noch zwischen einer Erstverordnung und ggf. mehreren Folgeverordnungen unterschieden.

Die Aufteilung auf einzelne Erst- und Folgeverordnungen liegt im Ermessen des Arztes, wobei eine festgelegte Maximalmenge je einzelner Verordnung besteht.

Die maximale Menge (Behandlungsanzahl) je Verordnung sowie die Gesamtverordnungsmenge ist dem Heilmittelkatalog zu entnehmen.


Erkrankungen des ZNS bei Kindern und Erwachsenen

Die Heilmittel-Richtlinien 2001 unterschieden zwischen Erkrankungen vor und nach Abschluss der Hirnreife.

Die Heilmittel-Richtlinien 2004 unterscheiden die Regelfallbehandlung nunmehr nach dem Alter des Patienten: bis zur und nach der Vollendung des 18. Lebensjahres.


Angabe zur Therapiedauer bei Manueller Lymphdrainage

Bei Verordnung von Manueller Lymphdrainage ist auf dem neuen Verordnungsvordruck die Therapiedauer anzugeben.

Die jeweils vorgesehene Dauer der Therapie mit Manueller Lymphdrainage richtet sich nach der Diagnose und Leitsymptomatik und kann dem Heilmittelkatalog entnommen werden.

Die ggf. erforderliche Zeit um eine notwendige Kompressionsbandagierung durchzuführen ist bei der Festsetzung der Therapiedauer zu berücksichtigen. Das Bandagematerial ist als Hilfsmittel getrennt zu verordnen.

Zu beachten: Bei anderen Heilmitteln/Maßnahmen (der Physikalischen Therapie) ist keine Behandlungsdauer anzugeben.


Behandlungsfreies Intervall von 12 Wochen

Die Richtlinien gehen davon aus, dass im Regelfall mit der Gesamtverordnungsmenge die Therapieziele erreicht werden können.

Erst nach einem behandlungsfreien Intervall können Rezidive oder neue Erkrankungsphasen einen neuen Regelfall auslösen.

Mit der Heilmittel-Richtlinie 2004 wurde dieses behandlungsfreie Intervall auch für die Physikalische Therapie von 6 auf 12 Wochen verlängert.

Ist eine frühere Behandlungsaufnahme medizinisch erforderlich, kann eine „Verordnung außerhalb des Regelfalls“ vorgenommen werden.


Langfristverordnung entfällt

Die Richtlinien 2001 sahen für bestimmte Diagnosen auch im Regelfall eine kontinuierliche Versorgung ohne behandlungsfreies Intervall vor.

Nach den Richtlinien 2004 ist eine kontinuierliche Versorgung mit Heilmitteln im Regelfall nicht vorgesehen.

Ist eine kontinuierliche Versorgung (ohne Therapiepause) erforderlich, kann diese unter Berücksichtigung der medizinischen Erfordernisse des Einzelfalls mit einer „Verordnung außerhalb des Regelfalls“ vorgenommen werden.

„Verordnungen außerhalb des Regelfalls“ müssen – wie schon auf Grundlage der Richtlinie 2001 – vom Patienten bzw. Versicherten (oder einer von ihm beauftragten Person) vor der Fortsetzung der Therapie der zuständigen Krankenkasse zur Genehmigung vorgelegt werden.

Nach der Vorlage kann die Therapie fortgesetzt werden. Die Krankenkassen haben die Kosten der Therapie mindestens bis zum Zugang einer Ablehnungsentscheidung zu übernehmen.

Die Krankenkassen können auf eine Vorlage der "Verordnungen außerhalb des Regelfalls" verzichten. Die meisten Krankenkassen hatten während der Gültigkeit der Richtlinien 2001 auf ihre Genehmigungsoption verzichtet und hierdurch pauschal alle Verordnungen (ohne Vorlage) genehmigt.


Verordnungsmengen bei Massagetechniken

Bei einigen Diagnosengruppen wurden die Verordnungsmengen für Massagetechniken geringer festgelegt als die Gesamtverordnungsmenge.

Bei einem Wechsel der Leitsymptomatik und damit verbundenem Wechsel der eingesetzten Heilmittel steht jedoch die Gesamtverordnungsmenge im Regelfall zur Erreichung des Therapieziels zur Verfügung.

Ist aus medizinischer Sicht eine weitere Verordnung von Massagetechniken erforderlich, so ist diese ggf. als „Verordnung außerhalb des Regelfalls“ vorzunehmen.


Mitteilung des Therapeuten an den Arzt

Die Heilmittelrichtlinien 2001 verpflichteten den Therapeuten nach dem Abschluss jeder Behandlungsserie (Verordnung) dem Arzt einen Therapiebericht zuzustellen.

Dieses Verfahren wurde verändert. Der Arzt bestimmt auf der Verordnung, ob nach Abschluss der Behandlung ein Therapiebericht auszustellen und an ihn zu übermitteln ist. Die Anforderung ist für den Therapeuten dann verpflichtend.

Dieser Bericht kann jetzt formlos vom Therapeuten erstellt werden. Hierdurch entfällt die zweite Seite des bisherigen Verordnungsvordruckes.


Standardisierte Heilmittelkombination

Die Richtlinien 2001 kannten zwei inhaltlich unterschiedliche „Standardisierte Heilmittelkombinationen“ D1 und D2.

Die Richtlinien 2004 kennen nur noch eine "Standardisierte Heilmittelkombination". Diese entspricht im wesentlichen der bisherigen Kombination D1 und enthält im Kern die Maßnahmen Krankengymnastik (KG), Gerätegestützte Krankengymnastik (KGG) und Manuelle Therapie (MT), welche durch weitere Maßnahmen ergänzt sind. Näheres findet sich im Heilmittelkatalog.

Soweit vom Arzt nicht ausdrücklich spezifiziert, kann der Therapeut über die bei der jeweiligen Behandlung einzusetzenden Maßnahmen entscheiden. Auch wenn der Therapeut nicht alle Heilmittel/Maßnahmen anwendet, muss er in diesem Fall die Voraussetzungen zur Abgabe aller Heilmittel erfüllen.

Nach den vorherigen Heilmittel-Richtlinien war die „Standardisierte Heilmittelkombination“ bei einigen Diagnosen nur bis zu 6 Monate nach „OP bzw. Ereignis“ verordnungsfähig. Diese Einschränkung ist jetzt entfallen.


Neuer Verordnungsvordruck

Mit den neuen Heilmittel-Richtlinien wurde auch ein entsprechend angepasster Verordnungsvordruck eingeführt. Die Veränderungen sind gering und liegen in folgenden Punkten:

  • Der Verordnungsvordruck besteht nur noch aus einer Seite. Die zweite Seite (Durchschlag) ist weggefallen, da der Therapiebericht des Therapeuten nur noch auf Anforderung (formlos) zu erstellen ist.
  • Verordnungen im Regelfall sind nur nach Erstverordnung und Folgeverordnung zu unterscheiden (2. Folgeverordnung und Langfristverordnung sind entfallen).
  • Da die Langfristverordnung wegfällt, entfällt auch die Möglichkeit, eine Langfristverordnung außerhalb des Regelfalls auszustellen. Stattdessen sind einfache Folgeverordnungen außerhalb des Regelfalls vorzunehmen.
  • Ein Therapiebericht kann vom Arzt auf dem Vordruck explizit und für den Therapeuten bindend angefordert werden.
  • Zusätzlich zu Diagnose und Leitsymptomatik ist ein Indikationsschlüssel anzugeben (dieser kann dem Heilmittelkatalog entnommen werden).
  • Es können auf dem Vordruck nur zwei Heilmittel eingetragen (verordnet) werden. (Vordruck für Physikalische Therapie und Ergotherapie).